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Mainacht - wenn Wildschweine losgelassen werden


Die Nacht auf den ersten Mai ist für die hiesigen Junggesellen die mit Abstand wichtigste Nacht des Jahres. Jedes Dorf hat seine Traditionen, die gepflegt werden mit vielen Regeln und unausgeschriebenen Gesetzen verbunden sind. In diesem Jahr fiel die gesamte Maivorbereitung und die Maifeierlichkeit zum ersten Mal aus ... vielen Dank Corona :( 

 

Was hat es mit der berühmten Mainacht eigentlich auf sich?

 

Bei uns in Weyer geht die gesamte Vorbereitung für den Junggesellenverein "Weyrer Wildschweine" bereits 14 Tage vor dem 01. Mai los. Die Junggesellen treffen sich auf dem Dorfplatz und beginnen mit den Vorbereitungen. Es wird eine große Feuerstelle eingerichtet, Unmengen von Holz rangekarrt und alles für das große Fest vorbereitet. Denn anders als in vielen anderen Dörfern feiern die Junggesellen die Mainacht nicht alleine unter sich, sondern zusammen mit dem ganzen Dorf. Jeder ist eingeladen um das erste Fest des Jahres (unter freiem Himmel) zu feiern. Aus diesem Grund ist das Fest auch so beliebt. Man kommt zusammen, trinkt frisch gezapftes Bier und genießt den legendären Spießbraten im Brötchen. Die älteren Mitbürger lauschen dem Musikverein, während es sich andere an der Bierbude oder vor dem großen Maifeuer bequem machen. Im Grunde gibt es eigentlich kein Fest bei dem an einem Abend von Jung bis Alt alle gleichermaßen auf Ihre Kosten kommen. Nach Mitternacht lichtet sich dann das Besucherfeld und die Junggesellen verbringen die Nacht und den nächsten Tag unter sich. 

 

Traditionen müssen gepflegt werden!

 

Am Morgen des ersten Mai machen sich dann alle Junggesellen op de Söck und beginnen die in der Vorwoche geschlagenen Birken durchs Dorf zu ziehen. Diese werden dann mit bunten Fendeln geschmückt und der Auserwählten vor die Türe gestellt. Traditionell werden die Weyrer Bäume in den Dorffarben blau, weiß und rot geschmückt. 

Jedes Mädchen, bzw. jede junge Frau ab 16 Jahren wird eine Woche vor der Mainacht in einer geschlossenen Sitzung "versteigert". Der Auktionator (zumeist ein langjähriges (Ex-)Mitglied des Vereins), nennt die Namen der holden Damen. Alle Junggesellen sitzen an einer langen Tafel und bieten in sogenannter "Maimark" auf die Damen. Wer das höchste Gebot abgibt, ersteigert die Dame und geht die Verpflichtung ein, in der Mainacht einen Maibaum aufzustellen. Die Versteigerung selber ist der schiere Wahnsinn ... Da man schon den ganzen Tag unterwegs war, ist die körperliche Verfassung jedes Einzelnen aufgrund akuter Überhopfung sagen wir ...locker. Oder anders ausgedrückt: Fahren dürfte keiner mehr ;)

Dementsprechend geht es auch heiß her und so mancher ersteigert auch gerne mal mehrere Damen. Jede Körperbewegung und jedes Wort kann vom unbarmherzigen Auktionator als Gebot angesehen werden, was bei hohen Geboten so manchem den Schweiß auf die Stirn treibt. Spannend wird es wenn eine der genannten Damen in einer Beziehung mit einem der anwesenden Junggesellen ist. Dann wird hochgesteigert bis zum Geht-nicht-Mehr und es entstehen heiße Bieterduelle. Gezahlt wird im Anschluss in barer Münze. Wer kein Mädel ersteigern konnte muss eine ordentliche Strafzahlung entrichten.

Das Paar mit dem höchsten Gebot des Abends stellt dann das Maikönigspaar. Mitte Mai findet der große Maiball statt und das ganze Dorf feiert noch einmal im Bürgerhaus zusammen mit dem frisch gekürten Maipaar. Traditionell erhält die Maikönigin in der Mainacht einen besonders großen und ordentlich geschmückten Baum.

 

Der Dorfmaibaum oder Döörpsmaier 

 

Der Dorfmaibaum (eine prächtige Birke) wird am Abend der Mainacht vom gesamten Verein geschmückt und unter Zu Hilfenahme maschineller Unterstützung (Traktor mit Frontlader) aufgestellt. Der Maibaum thront dann majestätisch über dem ganzen Dorf und ist der ganze Stolz des Vereins. Hier gilt: Üppig geschmückt und lang muss er sein, so dass er von weitem zu Sehen ist! 

Viele Vereine haben hierfür Fundamente gegossen und schwere Stahlaufnahmen installiert um den Baum in seiner Position zu halten. Wer sich das näher anschaut wird erkennen, dass die Stämme am unteren Ende teilweise mit Stachel- oder Natodraht gesichert sind. Vor allem früher war es für rivalisierende Vereine die größtmögliche Genugtuung den Dorfmaibaum des anderen Dorfes noch in der Mainacht zu Fall zu bringen. Heute geht es gemäßigter zu und die Döörpsmaier fallen eher selten, aber auch heute noch gilt: Der Maibaum bleibt NIEMALS unbewacht. Das diese "Tradition" nicht immer ohne vorherigen Konflikt ausging brauch ich an dieser Stelle wohl nicht zu erwähnen ;) Am Ende war es aber meistens halb so wild und Wochen später war die Sache dann auch wieder gegessen. Aber damals wie heute freut sich jeder über den Dorfmaibaum und zuckt, sobald in der Nacht ein Kettenmopped aufschreit ;)

 

Eier sammeln

 

Damit die "Männ" auch volle Kassen und vor allem Vorrat für ein deftiges Rührei-Frühstück haben, gehen die Junggesellen am Wochenende vor dem Mai durchs Dorf, klingeln an jede Türe und singen immer wieder das gleiche Lied:

 

"Do losse me ens bei die Lück hee joohn, die hann die Eier paraat stoohn. Et ess ja Rooh. Grööhn öss der Mai, wieß öss et Ei. Und jeiht ihr oss die Eier nett, dann steische mir üch der Meier nett, ett öss jo roh....."

 

Was so viel bedeutet wie: Eier und finanzielle Zuwendungen her, sonst ist nix mit Maibaum stellen ;) An der Türe wird dann nach dem Gesang und der darauf stattfindenden Übergabe von kleinen finanziellen Zuwendungen und Hühnereiern noch die Einladung an den Haushalt ausgesprochen in der Mainacht zum Dorfplatz zu kommen. Wenn es gut läuft, gibt´s noch ein Schnäpschen und dann geht´s weiter zum nächsten Haus, wo wieder gesungen und getrunken wird ....

 

Maitradition: Darf niemals aussterben!

 

Im Grunde sind die Junggesellen 14 Abende am Feuer, bauen auf, trinken Bier und haben einfach Spaß. So mancher nimmt sich Urlaub um jeden Abend fit zu sein und nichts zu verpassen. Denn eins ist klar: Spaß ist bei der Bande garantiert.

Unser Junggesellenverein pflegt die Traditionen seit jeher. Ich bin vor fast 25 Jahren in den Verein gekommen und dann nach der Hochzeit ausgeschieden. Aber heute wie damals sind die Traditionen gleich und das ist auch gut so! Ich bin froh, dass unser JGV die Traditionen wahrt und somit entscheidend zur Identität des Dorfes beiträgt. An dieser Stelle daher ein von Herzen kommendes und ernst gemeintes: DANKE MÄNN!

 

In diesem Jahr ist die Mainacht zum ersten Mal aufgrund von Corona ausgefallen und viele haben die Mainacht schmerzlich vermisst, auch wenn die Absage vernünftig und unausweicklich war. Die Bilder sind aus dem Jahre 2017 und dienen auf diese Weise als kleine "Hommage" an dieser wundervolle Nacht! Hierauf ein dreifaches "SAU GRUNZ"

 

Facebook-Seite des JGV Weyrer Wildschweine