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Musik der 90er ...War das Kunst oder kann das weg?


Die 90er .... kaum eine andere Zeit zaubert mir so ein Lächeln auf das Gesicht wie dieses verrückte Jahrzehnt. Die ersten Runden mit dem GameBoy, gestorbene Tamagotchis, wilde Partys und meine krampfhaften Versuche auf dem Skateboard gut auszusehen. Die Helden im TV waren Friends, Tim Taylor, David Hasselhoff (der Typ der die DDR gerettet hat) und der Prinz von Bel Air. Und letzterer liebe Kids war ein Rapper, nur eben ohne diesen ganzen Gangsta-Style den heute alle so toll finden .... Aber neben all den Erinnerungen, war es doch in erster Linie die Musik, die polarisierte und eine ganze Generation zusammenbrachte. 

 

Wenn ich heute das Radio anschalte, könnte ich heulen! Denn mit so ziemlich allem was da läuft (und meine GEMA-Gebühren verschlingt), kann ich nichts, aber auch gar nichts anfangen! Auch wenn es zwischen Capital Bra und Helene eine große Spannweite gibt, ist der ganze Mainstream doch vernichtend austauschbar und zugleich grenzenlos erfolgreich: Verstehe es wer will?!

Meine Helden hießen damals BelaFarinRod, Dave Grohl, Kurt Kobain, Billie Joe Armstrong, Rage against the Machine, Dog Eat Dog und The Offspring ...ich könnte noch lange so weitermachen! Und an jede dieser Bands wird man sich noch ewig erinnern, an den Klummpatsch von heute bestimmt nicht! Und trotzdem feierten wir damals auf Parties, gerade die Bands, deren Texte noch anspruchsloser waren, als es heute im Radio erlaubt wäre (mit Ausnahme der Sonderverwaltungszone Ballermann)! Kostprobe gefällig?

 

"I TELL YOU WHAT I WANT, WHAT I REALLY REALLY WANT, SO TELL ME WHAT YOU WANT WHAT YOU REALLY REALLY WANT "

 

"BOOM, BOOM, BOOM, BOOM, I WANT YOU IN MY ROOM, LET´S SPEND THE NIGHT TOGETHER, FROM NOW UNTIL FOREVER"

 

"HEY JO CAPTAIN JACK, BRING ME BACK TO THE RAILROAD TRACK"

 

 

Die 90er Kids haben spätestens jetzt einen Ohrwurm ... Also könnte man doch nun auf den Gedanken kommen, dass der Mainstream früher gar nicht besser war, sondern wie oben bewiesen, sogar deutlich schlechter!? Ja wahrscheinlich ist das auch so, rein musikalisch gesehen ... aber hört man sich bei Spotify eine 90er-Playlist an und kämpft sich durch "Mambo No.5" und "Barbie Girl", hat man wenigstens ein Lächeln auf dem Gesicht! Der Vorteil damals war: Es war nicht möglich der Musik zu entfliehen und einfach YouTube und Spotify anzuschmeißen und auf Knopfdruck zu selektieren. Man musste entweder für teures Geld eine CD kaufen oder stundenlang mit dem Kassettenrekorder vor´m Radio hängen um das Lieblingslied aufzunehmen und sich prompt darüber zu ärgern, dass die Heinis von 1Live mal wieder in den Schlussakkord gequatscht haben. 

Meiner Meinung nach gab es einen gravierenden Unterschied zu heute: Uns war damals schon klar, dass diese Musik nur mit Ironie zu genießen ist und in dieser Haltung war praktisch jeder "Hit" pures Gold! Kein Mensch war der Meinung, dass die Vengaboys echte Musiker waren. Und natürlich haben wir auch einfach mitgesungen ohne den tieferen Sinn der Texte zu hinterfragen. Niemand hat je herausgefunden, wie "teuer der Fisch" wirklich war. Es war einfach nur spaßig, trashig und MEGAGUT! Und natürlich lief in meinem Golf 2 dann trotzdem keine Bravo Hits, sondern eben "Planet Punk" oder "Dookie", aber auf Parties wurde eben zu den aktuellen Hits gefeiert! Von den Top 100 Hits der 90er (Playlist bei Spotify) kann garantiert jedes 90er Kind die meisten Texte nachts um halb drei aus dem Stegreif singen! Und von den 100 Tracks kennen die meisten mindestens noch 75! Wenn in 25 Jahren also mal eine TOP 100 Hits der 2020´er Jahre läuft, werden die meisten der heutigen Kids, keine 25 Texte mehr kennen ....jede Wette! 

Und natürlich gibt es auch heute noch gute Musik. Man findet Sie eben nur nicht mehr so leicht und erst Recht nicht im Radio, weil man eben nicht mehr im Plattenladen steht und CD´s probehört und dann mitnimmt, sondern hofft, dass einem Spotifys Algorithmus gute Vorschläge macht. Und wenn genau das dann passiert, freue ich mich immer wie ein Schneekönig. Die "Fidi und Bumsi Playlist" von Böhmermann und Schulz beispielsweise, bietet die richtige Mischung aus alten und neueren Tracks. Einfach mal das Radio ausschalten und im digitalen Plattenregal stöbern.

 

Wenn ich mir heute meine Playlisten anschaue, bemerke ich jedoch schnell, dass mich keine Musik mehr bewegt hat, wie die in meiner Jugend. Höchstwahrscheinlich aus dem Grund, weil man diese in der Pubertät noch mit starken Emotionen assoziiert: Das erste Mal verliebt sein, die Lieblings-Cd´s im Autoradio und die Parties mit Kumpels. Meine "All-Time-Favorites" sind allesamt rockige Platten wie Planet Punk, Nevermind, Bulls on Parade, Dookie oder Americana. Und egal wie gut ein neues Album auch ist: Ich kann Sie selten so lieben wie die alten Scheiben. Es hängen doch zu viele Erinnerungen und Emotionen an den alten Platten.

Vielleicht ist es mit der Musik am Ende aber auch wieder wie so oft, nur ein Generationsding und man versteht als älter werdender Mensch, die heutige Jugend einfach nicht mehr. Unsere Eltern haben nach musikalisch grandiosen 70ern und 80ern sicher auch kopfschüttelnd in unseren Jugendzimmern gestanden, wenn wir zu "Schrei nach Liebe" das "A-Wort" gebrüllt haben. Und wahrscheinlich werde ich später in den Zimmern meiner Kinder stehen und mich über deren Musikgeschmack aufregen. Noch habe ich alles im Griff: Die Jungs hören Green Day, Queen und die Ramones. Erziehungsauftrag erfüllt ;) Zugegeben: Bei der Mutter hören Sie dann wieder deutschen Schlager und das ist letztendlich dann ja doch wieder wie in den 90ern: Polarisierend, ohne Tiefgang, Sing- und Tanzbar und gaaaaaanz seichte Kost!

 

Wenigstens kann man den 90er-Swag (wie die Kids heute sagen) aber ganz leicht wieder hochholen: Nämlich dann, wenn man zu einer 90er Party eingeladen wird und sich in den alten Fummel schmeißt und sicher weiß: Heute bin ich textsicher! 

 

Wie schön, dass Kathrin und Claudia exakt dies getan haben, um eine gute alte 90er Party zu feiern! In diesem Sinne:

 

Herzlichen Glückwunsch Euch beiden und ein dreifaches: HYPER HYPER!